Warum wird das Kindertagesstättengesetz grundlegend überarbeitet?
Die Koalitionsparteien von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich im Rahmen des Koalitionsvertrages auf die Novellierung des rheinland-pfälzischen Kindertages-stättengesetzes geeinigt. Im Koalitionsvertrag wurde hierzu formuliert, dass „…[…] gemeinsam mit allen Akteuren eine Novelle des Kindertagesstättengesetzes auf den Weg […]“.
Die Novellierung des Kindertagesstättengesetzes gehört zu den größten Projekte der 17. Wahlperiode des Landtags und wird demzufolge öffentlich aufmerksam beobachtet. Zudem hat die grüne LDV im familienpolitischen Leitantrag Beschlüsse gefasst, welche Inhalte bei der Novellierung des Kindertagesstättengesetzes implementiert werden sollen. Neben der Steigerung der Qualität, der transparenten Finanzierung, Mitwirkungsrechte von Eltern und Inklusion, sind ferner noch der Wunsch der Leitungsfreistellung bzw. Verbesserung der Betreuungsrelation elementare Forderungen.
Die Landesregierung hat Mitte Juni 2018 nun den Entwurf eines Kita-Zukunftsgesetzes vorgestellt.
Welche Ziele verfolgt das neue Kita-Gesetz?
- Gute Qualität sichern und weiterentwickeln
Schon heute Zudem befindet sich Rheinland-Pfalz in der Betreuungsrelation im bundesweiten Vergleich bei den unter Zweijährigen sowie unter Dreijährigen auf absoluten Spitzenplätzen. Das Land wird die Mittel für die frühkindliche Bildung nochmals um über 50 Millionen Euro jährlich auf über 680 Mio € erhöhen. Wir verbessern damit die Betreuungsrelation und die pädagogische Qualität an unseren Kitas.
Die Förderung für Fachkräfte ergibt sich künftig aus dem Beschäftigungsumfang einer pädagogischen Fachkraft. Der erhöhte Pflege- und Betreuungsaufwand für die unter 2jährigen wird dabei berücksichtigt. Bemerkenswert ist ferner, dass den Leitungskräften künftig Leitungsdeputate zustehen werden, um den Verwaltungsanforderungen angemessen gerecht zu werden, ohne dabei die pädagogische Verantwortung aufgeben zu müssen. Die Landesregierung erfüllt damit eine langjährige Forderung der GRÜNEN. Darüber hinaus ist es ein großer Fortschritt, dass das Land zukünftig auch die Deckung der Kosten für Fachberatungen und Fortbildungen gewährt. Das erstmalige Implementieren einer Praxisanleitung für die pädagogische Arbeit und eines Kita-Beirats an jeder Einrichtung sollen künftig die Qualität sichern und weiterentwickeln.
- Vereinbarkeit verbessern, Beitragsfreiheit ausweiten
Rheinland-Pfalz gewährleistet mit diesem Gesetzentwurf flächendeckend und bedarfsgerecht die Beitragsfreiheit für alle Kinder ab dem 2. Lebensjahr unabhängig davon welche Einrichtung sie besuchen. Dh, dass zukünftig auch Zweijähige in Krippen beitragsfrei gestellt sind. Damit nimmt das Land bundesweit eine Vorreiterrolle ein.
Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz wird präzisiert und soll zukünftig für alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr Angebot von mindestens 7 Stunden täglich mit vollwertigem Mittagessen ermöglichen. Das Ganztagsangebot wird weiter bedarfsgerecht ausgebaut. Das ist ein entscheidender Beitrag für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
- Stärkung der Eltern- und Kinderrechte
Kindertagesstätten sind familienergänzende Bildungseinrichtungen, in denen die Entwicklungspotenziale unserer Kinder nur in enger Zusammenarbeit mit den Eltern voll ausgeschöpft werden können. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass die Mitbestimmungsrechte der Eltern fortan auf allen politischen Ebenen eine Berücksichtigung finden und gesetzlich verankert werden. In jeder Kita wird es zukünftig einen Elternbeirat geben. Elternausschüsse werden auf kommunaler und Landesebene gesetzlich garantiert.
Die Mitwirkungsrechte der Kinder an der Gestaltung des Kita-Alltags werden erstmals ins Gesetz aufgenommen.
- Inklusion wird zur Regel, Multiprofessionalität ausbauen
Mit dem Kitazukunftsgesetz stärken wir die individuelle und am Kind orientierte Förderung. Damit bleibt die Qualität der Bildungsarbeit in den Kindertagesstätten trotzt des erhöhten Betreuungsbedarfs erhalten. Mit der Einführung von Sozialraumbudgets ist es den Einrichtungen künftig möglich, gezielt logopädische, sozialpädagogische, inklusive oder sprachpädagogische Maßnahmen anzubieten.
Die Implementierung einer inklusiven Pädagogik in der Kindertagesbetreuung soll allen Kindern gleiche Entwicklungs- und Bildungschancen bieten. Der Alltag einer Kindertageseinrichtung ist von unterschiedlichsten Lebenssituationen und Lernbedürfnissen der Kinder und ihrer Familien geprägt. Handlungsleitend ist die Unterschiedlichkeit als Normalität und die Anerkennung dieser Individualität
- Neues Finanzierungssystem: Einheitlich, transparent, unbürokratisch
Das bisher undurchschaubare Finanzierungssystem wird abgelöst durch ein einheitliches, transparenteres, einfacheres und unbürokratischen Finanzierungssystem. Die Förderung orientiert sich dabei an der Anzahl der Plätze und dem Alter der Kinder. Zusätzlich erhalten die Jugendämter Sozial- und Entwicklungsbudgets um Schwerpunkte vor Ort zu setzen und Qualitätsentwicklung zu ermöglichen.
Mit der „Kita-App“ wird zukünftig eine zielgerichtete Steuerung und ein landesweites webbasiertes, Abrechnungs- und Monitoringsystem möglich.
Parallel wird insbesondere das Angebot für Kinder unter 3 Jahren weiter ausgebaut.
Wie läuft das weitere Verfahren?
Erster Durchgang Ministerrat: 19. Juni 2018
Anhörung der Kommunen, Verbände und Organisationen Juli und August 2018
Zweiter Durchgang Ministerrat: Herbst 2018
Parlamentarische Beratungen Ende 2018 bis Frühjahr 2019
Gestaffeltes Inkrafttreten:
2. Halbjahr 2019: Grundsätzliche Regelungen, Qualitätsverbesserungen, Elternbeitragsfreiheit für alle Zweijährigen in Krippen, Sonderzahlungen an freie Träger, Anteil aus Sozialraumbudget
ab 1. Januar 2021 vollständiges Inkrafttreten
Evaluation nach 7 Jahren
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